Kommerzkollaps – Warum der Gedanke ewigen Wachstums an Krebs erinnert

Einleitung:

Der Kapitalismus liebt das Unendliche – nicht in Form von Kunst oder Erkenntnis, sondern als ewige Zinseszinskurve. Wachstum ist sein Gott, Statistik seine Bibel, Konsum der Gottesdienst. Doch wie jeder Körper, der ungebremst wächst, endet auch dieses System an seiner eigenen Masse. Der Markt metastasiert in jede Lebenszelle, vom Kinderzimmer bis zur Klimakatastrophe. „Wachstum um jeden Preis“ – ein Satz, der in Vorstandsetagen klingt wie eine Vision, aber biologisch nur eine Diagnose kennt: Krebs. Der Tumor des Profits frisst die Substanz, die ihn trägt. Und niemand will die Therapie beginnen, solange die Metastasen noch Dividende ausschütten.

Hauptteil:

Wirtschaft als Krankheit mit PR-Abteilung

Man nennt es „Konjunktur“, wenn sich das System selbst beatmet, „Rezession“, wenn es kurz Luft holt. Das klingt harmlos – fast medizinisch. Doch was hier stattfindet, ist keine Schwächephase, sondern eine strukturelle Fehlbildung: Wachstum ohne Ziel, ohne Sinn, ohne Rücksicht. Unternehmen expandieren, als wäre Raum unbegrenzt, Ressourcen unendlich und Menschen beliebig austauschbar. Die Sprache der Ökonomie kaschiert das Pathologische mit Euphemismen: „Dynamik“, „Innovation“, „Effizienzsteigerung“. Tatsächlich heißt es: mehr Arbeit, weniger Leben, mehr Gewinn für weniger Menschen.

Der Fetisch des Fortschritts

Wir glauben an Zahlen, als wären sie Sakramente. Ein Prozent mehr Bruttoinlandsprodukt – und die Nation atmet auf. Doch Fortschritt, der nur messbar ist, ist kein Fortschritt, sondern Symptom. Technologie ersetzt Menschlichkeit, Automatisierung ersetzt Sinn. Das System baut seine eigenen Götzen aus Daten und nennt sie „KI“, „Optimierung“ oder „Smart Economy“. Die Gesellschaft dient längst nicht mehr dem Fortschritt – der Fortschritt dient sich selbst. Der Mensch ist dabei nur noch Rohstoff, der sich müde in den Takt der Produktivität fügt.

Das ökonomische Stockholm-Syndrom

Wir sind Gefangene eines Systems, das wir verteidigen, weil wir darin überleben wollen. Der Konsument liebt seinen Käfig, solange er WLAN hat. Jeder Rabatt ein Sedativum, jedes neue Smartphone eine Morphindosis für die Sinnleere. „Wachstum schafft Arbeitsplätze“ – die alte Zauberformel, mit der man uns selbst die Zerstörung der Lebensgrundlagen verkauft. Dabei ist es längst klar: Wachstum zerstört mehr Arbeit, als es schafft, weil Maschinen effizienter sind als Menschen. Aber Effizienz ist das neue Ethos, und Ethik gilt als Kostenfaktor.

Planet im Dispositionskredit

Die Erde ist kein Konto, doch sie wird so behandelt. Jedes Quartal ein Soll, jede Ernte eine Bilanz. Wälder werden gerodet, Meere geplündert, Menschen erschöpft – und alles im Namen der Wettbewerbsfähigkeit. Der Planet, einst Heimat, ist zum Pfandobjekt geworden. Wir leben auf ökologischem Kredit, und der Zins läuft seit Jahrzehnten. Wachstum in einer endlichen Welt ist eine mathematische Unmöglichkeit, doch die Lehrbücher der Wirtschaftswissenschaften kennen keine Thermodynamik – nur Profitlogik.

Wenn der Markt Fieber bekommt

Krisen nennt man heute „Marktkorrekturen“ – als würde das System nur kurz schwitzen. In Wahrheit sind sie Abwehrreaktionen eines kranken Organismus. Finanzblasen platzen wie Geschwüre, Inflationen brennen wie Fieberschübe, und trotzdem verschreiben die ökonomischen Ärzte immer dieselbe Therapie: noch mehr Wachstum. Man senkt Zinsen, druckt Geld, baut Schulden – als ob man einem Alkoholiker zur Genesung mehr Schnaps anbietet. Das System will keine Heilung, es will Betäubung. Und die Gesellschaft trinkt mit.

Verbesserungsvorschlag:

Eine Wirtschaft, die sich nur über Wachstum definiert, braucht keine weiteren Konjunkturprogramme, sondern eine ethische Therapie. Der Schlüssel liegt in der Einführung einer „Ökologischen Gewinnbilanz“ – jedes Unternehmen müsste nachweisen, dass sein Profit nicht auf Kosten von Mensch oder Natur entsteht. Staatliche Fördermittel sollten ausschließlich an nachhaltige Wertschöpfung gekoppelt werden, während umweltschädliche oder spekulative Geschäftsmodelle steuerlich unattraktiv werden. Gleichzeitig braucht es eine gesetzlich verankerte Wachstumsgrenze im Haushaltsrecht, die ökologische Stabilität über fiskalische Expansion stellt. Banken und Fonds müssten verpflichtet werden, ihre Investitionen transparent nach sozialer Wirkung offenzulegen. So könnte aus einem selbstzerstörerischen System eine resiliente Ökonomie entstehen – eine, die nicht nach Größe, sondern nach Sinn strebt. Nachhaltigkeit wäre dann keine Moralfrage mehr, sondern ein ökonomisches Grundgesetz.

Schluss:

Der Kommerzkollaps ist keine Katastrophe, die bevorsteht – er ist eine, die längst begonnen hat. Wir leben in einem Zeitalter, in dem das Wirtschaftssystem mehr Ähnlichkeit mit einem pathologischen Selbstzerstörungsmechanismus hat als mit einer sozialen Ordnung. Wer Wachstum als Naturgesetz betrachtet, verwechselt Gier mit Gravitation. Vielleicht liegt die Rettung nicht in weiterer Expansion, sondern im Innehalten – im Mut, Stagnation als Heilung zu begreifen. Denn manchmal ist das Aufhören das einzige echte Fortschreiten. Der letzte Atemzug des Wachstums könnte der erste des Lebens sein.

Rechtlicher Hinweis:

Hinweis: Dieser Beitrag enthält persönliche Meinungen, Wertungen und satirische Überhöhungen. Er stellt keine Tatsachenbehauptungen dar, sondern ist eine subjektive Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen.

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