Einleitung:
Deutschland wohnt teuer – und die Politik nennt es Marktlogik. Während Immobilienfonds, Versicherungen und Wohnungskonzerne ihre Bilanzen feiern, erleben Millionen Menschen den Alltag als Insolvenz ihrer Würde. Das Grundrecht auf Wohnen, einst ein sozialer Schutzwall, ist heute ein Spekulationsobjekt mit Glasfassade. Laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zahlen Mieter in Großstädten mittlerweile über 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnraum – Tendenz steigend. Doch anstatt die Wuchermechanik zu bremsen, fördert der Staat sie mit steuerlichen Schlupflöchern, Energieauflagen und Baugesetz-Lücken. Willkommen in der Republik der Renditen, wo die Miete nicht mehr die Wohnung, sondern die Machtverhältnisse finanziert.
Hauptteil:
Die Wohnungsfrage als Goldgrube der Besitzenden
In keinem anderen europäischen Land hat sich das Wohnen derart in ein Anlageprodukt verwandelt. Aus Quadratmetern wurden Zinsflächen, aus Mietverträgen Wertpapiere. Institutionelle Investoren besitzen in deutschen Metropolen inzwischen bis zu ein Drittel des Bestands. Der Staat selbst liefert mit Subventionen für „Investitionsfreude“ das Schmiermittel für diese Maschine. Währenddessen wird das Mietrecht in feine juristische Phrasen verpackt, die mehr Schutz für Eigentum als für Menschen garantieren. Mieterhöhungen werden „Anpassungen“ genannt – ein Begriff, der klingt wie ein Software-Update, aber Existenzen löscht.
Von der Wohnbaupolitik zum Rendite-Design
Die Wohnungspolitik der letzten zwanzig Jahre war weniger Sozialpolitik als Architektursponsoring. Ob CSU, SPD oder FDP – jede Partei erklärte, Bauen sei die Lösung, und vergaß, dass Bauen ohne Kontrolle nur die Spirale beschleunigt. Private Bauträger profitieren doppelt: zuerst durch staatliche Fördermittel, dann durch den Verkauf überteuerter Objekte an Fonds. Das soziale Wohnungswesen wurde abgebaut wie eine ausgediente Behörde. Übrig blieb ein Flickenteppich aus Mietpreisbremsen, deren Wirkung ungefähr so stark ist wie ein Tempolimit auf der Autobahn der Spekulation.
Wenn Wohnen zum Sicherheitsrisiko wird
Wohnungsnot ist längst ein Sicherheitsproblem geworden. Menschen werden aus ihren Vierteln verdrängt, Städte verlieren ihr soziales Gefüge. Wohnungslosigkeit steigt, während Eigentum steuerlich privilegiert bleibt. In vielen Kommunen explodieren Zwangsräumungen, begleitet von steigenden psychischen Belastungen und Obdachlosigkeit. Wer Mieterschutz fordert, wird als „marktfeindlich“ abgestempelt – ein Etikett, das nur in einem Land funktioniert, in dem soziale Gerechtigkeit als Renditehemmnis gilt. Die Polizei schützt dann nicht mehr die Schwachen, sondern die Besitzverhältnisse.
Der Mythos vom „freien Wohnungsmarkt“
Der sogenannte freie Markt ist längst ein Kartell aus Kapitalinteressen. Ob BlackRock, Vonovia oder LEG – der Wettbewerb findet nicht um faire Preise statt, sondern um die höchste Dividende. Politisch flankiert durch eine absurde Rhetorik von „Wohnraumschaffung“, die in Wahrheit Renditepflege bedeutet. Neubauten entstehen dort, wo sie am meisten bringen, nicht wo sie am meisten gebraucht werden. So entsteht ein urbaner Darwinismus: Wer zahlen kann, bleibt Mensch; wer nicht, wird Mietobjekt in Warteschleife.
Die kalte Symbiose von Staat und Spekulant
Der Staat ist kein Zuschauer, er ist Mitspieler. Durch steuerliche Begünstigungen, Privatisierungen und öffentliche Bodenverkäufe hat er selbst die Grundlagen geschaffen, auf denen Investoren tanzen. Das Grundgesetz kennt zwar das Sozialstaatsprinzip, aber in der Praxis gilt: Rendite schlägt Menschenrecht. Wenn Ministerien sich vor Wohnungsriesen verneigen, wird die Demokratie zur Hausverwaltung des Kapitals. Es ist die stille Privatisierung der Gesellschaft – von der Mietwohnung bis zur Moral.
Verbesserungsvorschlag:
Eine echte Trendwende verlangt mehr als symbolische Mietbremsen. Der Staat muss das Wohnen wieder als öffentliches Gut definieren. Dazu gehört ein massiver Ausbau kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsbestände, finanziert nicht durch Schulden, sondern durch Umverteilung der Steuerprivilegien großer Immobiliengesellschaften. Mietpreisbindungen müssen an Einkommen statt an Fantasieindizes gekoppelt werden, Boden darf nicht länger als Spekulationsware gelten. Eine bundesweite Vergesellschaftung übergroßer Bestände – nach Artikel 15 GG – wäre juristisch möglich und ökonomisch tragfähig, wenn politischer Wille existiert. Das Ziel ist kein Wohn-Sozialismus, sondern ein funktionierender Sozialstaat. Wohnen darf kein Casino bleiben, in dem das Los entscheidet, wer ein Zuhause hat und wer bloß ein Portfolio.
Schluss:
Die Republik der Renditen steht auf einem Fundament aus Angst und Miete. Sie funktioniert nur, solange wir glauben, Wohnen sei eine Ware und nicht ein Recht. Doch Märkte kennen kein Mitgefühl, nur Margen. Solange Regierungen Profit mit Lebensraum verwechseln, bleibt die Stadt ein Schaufenster und die Gesellschaft ihr ausgestelltes Inventar. Wer heute Miete zahlt, finanziert nicht mehr nur Wände – sondern den moralischen Verfall eines Systems, das den Menschen längst aus dem Grundbuch gestrichen hat.
Rechtlicher Hinweis:
Dieser Beitrag enthält persönliche Meinungen, Wertungen und satirische Überhöhungen. Er stellt keine Tatsachenbehauptungen dar, sondern ist eine subjektive Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen.
