Ungeeignet – Warum Friedrich Merz kein guter Kanzler ist

Einleitung:

Friedrich Merz inszeniert sich gern als der nüchterne Sanierer eines angeblich „verwöhnten“ Landes: betriebswirtschaftlicher Klarblick, hart an den Zahlen, fern von Ideologie – so das Versprechen. Wer die offiziellen Regierungsdokumente, Bundestagsprotokolle und öffentlichen Erklärungen seiner gesamten Kanzlerschaft seit dem 6. Mai 2025 mitverfolgt, erkennt eine Linie, die sich konsequent durchzieht: mehr Markt, mehr Ordnung, weniger sozialer Ausgleich. Aus linker Sicht ist das kein Modernisierungsprogramm, sondern ein Rückbauprojekt auf Raten. Dieser Text ist eine Meinungsäußerung: Er bewertet den Kanzler als politisch ungeeignet für eine Gesellschaft, die sozialer Spaltung, Klimakrise und Rechtsruck gleichzeitig ausgesetzt ist – und dafür einen Regierungschef bräuchte, der mehr im Blick hat als Wachstumszahlen und Grenzwerte.

Hauptteil:

Der Kanzler als Vorstandsvorsitzender im Kanzleramt

Merz wirkt im Regierungsalltag wie ein Vorstandsvorsitzender, der zufällig im Kanzleramt gelandet ist. Seine politische Sozialisation als wirtschaftsliberaler CDU-Hardliner und seine Karriere in der Finanz- und Unternehmenswelt prägen erkennbar seine Prioritäten: steuerliche Entlastung oben, Kostendisziplin unten, Effizienz statt Teilhabe. In einer komplexen Krisenlage – von maroder Infrastruktur über Pflegenotstand bis Klimafolgen – reicht dieser CEO-Blick nicht aus. Regieren ist kein Quartalsbericht, sondern die Verantwortung für 80 Millionen Menschen mit völlig unterschiedlichen Lebenslagen. Wenn ein Kanzler politische Konflikte vor allem als Managementproblem und Bürger in erster Linie als Standortfaktor betrachtet, bleibt wenig Raum für soziale Gerechtigkeit. Aus linker Perspektive ist genau das das Kernproblem: Die Regierung Merz wirkt wie eine politische Niederlassung der Unternehmenslogik – und weniger wie eine demokratische Vertaltung der Bevölkerung.

Mehr Kapitalismus wagen, weniger Gesellschaft ertragen

Merz steht programmatisch für „mehr Kapitalismus wagen“ – ein Bekenntnis zur weiteren Privatisierung von Risiken und zur Aufwertung von Renditeinteressen gegenüber sozialen Sicherungssystemen. In einer Phase, in der Reallöhne stagnieren, Mieten explodieren und viele Menschen schon am Monatsanfang rechnen müssen, ob das Geld bis zum Ende reicht, ist das keine Zukunftsstrategie, sondern eine Einladung zum sozialen Konflikt. Statt Verteilungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt zu stellen, setzt der Kanzler auf angebotsorientierte Reformrhetorik: bessere Bedingungen für Unternehmen, dann werde „unten“ schon irgendetwas ankommen. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen jedoch, dass dieser Trickle-Down-Glaube systematisch überschätzt, wie viel von oben tatsächlich unten landet. Eine Politik, die in dieser Lage primär auf Investorensignale schaut, ist aus sozialer Sicht nicht reformorientiert, sondern blind für die Realität der Mehrheit.

Sparkommissar mit Sondervermögen-Fantasie

Besonders brisant ist der Umgang der Regierung Merz mit Schuldenbremse und Staatsfinanzen. Nach außen gibt sich der Kanzler als Hüter solider Haushalte, innenpolitisch wird gleichzeitig mit Sondervermögen, Ausnahmeregeln und Grundgesetztricks gearbeitet, um Verteidigungsausgaben und milliardenschwere Fonds jenseits der klassischen Schuldenbremse zu platzieren. Das Ergebnis: militärische und industriepolitische Projekte finden Wege zur Finanzierung, während Sozialstaat, kommunale Daseinsvorsorge und Bildung weiter auf Kante genäht bleiben. Aus linker Perspektive ist das keine Haushaltsverantwortung, sondern eine politisch gesteuerte Prioritätensetzung zugunsten von Rüstung und Standortlogik. Wer die Schuldenbremse immer dann kreativ auslegt, wenn es um Panzer oder industriepolitische Deals geht, aber bei sozialer Infrastruktur plötzlich eisern wird, zeigt, wessen Sicherheit ihm tatsächlich am wichtigsten ist – und das ist nicht die der einkommensschwachen Haushalte.

Migrationsdebatte als Dauerfeuer für die Stammtische

Auch in der Migrationspolitik vermittelt Merz das Bild eines Kanzlers, der auf Eskalation statt auf Deeskalation setzt. Seine wiederholten Zuspitzungen von „Sozialtourismus“ bis „Stadtbild“-Debatten über Rückführungen markieren eine Linie, die das Thema systematisch als Sicherheits- und Ordnungskrise inszeniert, statt als sozialpolitische und menschenrechtliche Aufgabe. Damit verschiebt er den Diskurs nach rechts, ohne die realen Probleme – fehlende Wohnungen, überlastete Verwaltungen, mangelhafte Integrationsangebote – strukturell zu lösen. Wenn der Kanzler rhetorisch jene Bilder bedient, die rechte Parteien seit Jahren pflegen, trägt er zur weiteren Verrohung der Debatte bei. Aus linker Sicht ist das fatal: Eine Regierung, die Migration vor allem als Störfaktor behandelt, stabilisiert Ressentiments, statt sie abzubauen – und spielt damit genau den Kräften in die Hände, die sie offiziell bekämpfen will.

Führung im Krisenmodus: Wenn der Ton nicht trägt

Sechs Monate nach Amtsantritt fällt die Bilanz der Kanzlerschaft Merz ernüchternd aus: Die Zustimmung in der Bevölkerung ist massiv eingebrochen, seine Beliebtheitswerte zählen zu den niedrigsten eines amtierenden Kanzlers in der jüngeren Geschichte. Selbst aus den eigenen Reihen kommen Mahnungen, es brauche endlich „richtige Reformwut“ und den Mut zu tiefgreifenden Veränderungen – eine bemerkenswerte Kritik aus dem konservativen Lager selbst. Statt Orientierung in unsicheren Zeiten liefert die Regierungsführung ein Bild von innerer Spannungskoalition, vertagten Entscheidungen und fragwürdigen Prioritäten. Aus linker Perspektive zeigt sich hier, dass Merz politisch nicht verbindend wirkt, sondern polarisierend: Er mobilisiert die eigene Stammklientel, verliert aber gleichzeitig große Teile der Gesellschaft, die sich in seinen Projekten schlicht nicht wiederfinden. Für ein Amt, das Integration, Ausgleich und Vertrauen organisieren soll, ist das ein strukturelles Defizit.

Verbesserungsvorschlag:

Eine konstruktive Alternative zu Merz’ Regierungsstil beginnt nicht mit einer einzelnen Personalie, sondern mit einem anderen politischen Verständnis von Kanzlerschaft. Ein sozial orientierter Ansatz würde zuerst die Lebensrealität der unteren und mittleren Einkommen ins Zentrum stellen: Mieterschutz, armutsfeste Mindestlöhne, massiver Ausbau öffentlicher Infrastruktur und eine konsequente Entlastung bei Energie- und Grundversorgungskosten. Statt Sonderwege für Rüstungsfinanzierung zu suchen, müsste die Schuldenbremse so reformiert werden, dass Investitionen in Klima, Bildung, Pflege und Digitalisierung ausdrücklich als Zukunftssicherung gelten – nicht als „Belastung“. Steuerlich wäre eine stärkere Beteiligung hoher Vermögen und großer Gewinne notwendig, um die gesellschaftlichen Folgekosten der letzten Krisen fairer zu verteilen. In der Migrationspolitik bräuchte es eine Abkehr von ständiger Symbolstrenge hin zu rechtsstaatlich klaren, humanen Regeln, verbunden mit echter Integrationspolitik: Sprachkurse, anständige Unterbringung, Zugang zum Arbeitsmarkt. Auf der Führungsebene schließlich wäre eine Kanzlerschaft nötig, die Konflikte nicht sprachlich anheizt, sondern moderiert – und die Gesellschaft nicht als Marktsegment, sondern als politisches Gemeinwesen behandelt.

Schluss:

Friedrich Merz steht sinnbildlich für eine politische Linie, die auf ökonomische Härte, ordnungspolitische Strenge und symbolische Stärke setzt – in einer Zeit, in der soziale Unsicherheit, demokratische Ermüdung und rechtsextreme Mobilisierung zunehmen. Aus linker Perspektive ist genau diese Mischung riskant: Sie verschärft Spannungen, statt sie abzubauen, und stabilisiert Strukturen, die viele Menschen längst als ungerecht erleben. Ein Kanzler, der die Bundesrepublik vor allem als Standortprojekt verwaltet, beantwortet nicht die Frage, wie eine moderne, solidarische Gesellschaft aussehen soll, sondern weicht ihr aus. Ob Merz seine Amtszeit nutzt, um diesen Kurs zu korrigieren, bleibt offen. Klar ist: Eine Demokratie, die ihre Zukunft ernst nimmt, kann sich auf Dauer keinen Regierungsstil leisten, der mehr für Bilanzen spricht als für Menschen.

Rechtlicher Hinweis:

Dieser Beitrag enthält persönliche Meinungen, Wertungen und satirische Überhöhungen. Er stellt keine Tatsachenbehauptungen dar, sondern ist eine subjektive Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen.

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